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Forschungsthemen

Das Staatsarchiv Obwalden verfügt über zahlreiche interessante Quellenbestände, die sich hervorragend für wissenschaftliche Arbeiten eignen. Die folgende Liste enthält eine kleine Auswahl neu erschlossener oder bislang unerforschter Bestände und bietet Anregungen für historische Fragestellungen. Die Liste wird regelmässig aktualisiert und ergänzt. Gerne erteilen wir Ihnen auf Anfrage weitere Auskunft zu den genannten Themen und Quellenbeständen.

 

Anregungen für Forschung zu Quellen des Staatsarchivs

Stand: Oktober 2024

 

"Unerlaubter Umgang": Uneheliche Beziehungen und Schwangerschaft im 19. Jahrhundert

Geeignet für: Seminararbeit, Masterarbeit, Dissertation

Voraussetzung: Kurrentschrift

"Unerlaubter Umgang" – also ein unehelicher sexueller Kontakt, der sich in vielen Fälle in einer Schwangerschaft manifestierte – zählte im Obwalden des 19. Jahrhunderts zu den häufigsten Strafdelikten. Besonders Frauen gerieten nach einer ersten Verurteilung oftmals immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt, weil sie etwa aufgrund von sozialer Ausgrenzung und finanzieller Not unerlaubt die Gemeinde verliessen, Diebstähle verübten oder erneut schwanger wurden. In den Strafuntersuchungsakten lassen sich ihre Biografien in Verhörprotokollen, ärztlichen Gutachten und persönlichen Dokumenten wie Liebesbriefen oder gefälschten Ausweisschriften oft über Jahre hinweg verfolgen. Welche Handlungen wurden als "unerlaubten Umgang" eingestuft? Wie verteidigten sich die Betroffenen in den Verhören? Über welche Handlungsspielräume verfügten bereits verurteilte Frauen? Welche Rolle spielten (versuchte oder erfolgreiche) Abtreibungen? Welche Konsequenzen trugen die beteiligten Männer und die unehelich gezeugten Kinder? Und wie veränderte sich die Bestrafung unerlaubten Umgangs über die Zeit? Mithilfe der neu erschlossenen Strafuntersuchungsakten lassen sich diese Fragen nun erstmals historisch untersuchen.

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Ein Pfarrer und sein Geliebter: Homosexualität in Kirche und Kriegsdienst am Beispiel des Falls Imfeld / Rohrer (1864)

Geeignet für: Seminararbeit, Masterarbeit

Voraussetzungen: Kurrentschrift

1864 beschäftigte sich der Obwaldner Regierungsrat mit einem aussergewöhnlichen Fall: Der Pfarrer Alois Imfeld, der als Feldprediger das Obwaldner Söldnerregiment in Neapel betreut hatte, wurde beschuldigt, jahrelang eine sexuelle Beziehung zu seinem Diener in Neapel, dem Sachsler Soldaten Anton Rohrer, unterhalten zu haben. Ein umfangreiches Dossier mit Zeugenbefragungen und ärztlichen Gutachten sowie zahlreiche Einträge in den Regierungsratsprotokollen erlauben es, die Geschichte der beiden Männer und den Umgang mit Homosexualität in der Obwaldner Kirche und im Obwaldner Söldnerregiment nachzuzeichnen.

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Die Obwaldner Passkontrolle als Quelle der Migrationsgeschichte (ca. 1820-1930)

Geeignet für: Seminararbeit, Masterarbeit

Voraussetzungen: Kurrentschrift

Im 19. Jahrhundert verliessen zahlreiche Obwaldnerinnen und Obwaldner den Kanton, um in anderen Teilen der Schweiz, im europäischen Ausland oder gar in Übersee Arbeit zu suchen. Welche Gemeinden waren besonders von der Abwanderung betroffen? Welche Reiseziele und Arbeitsfelder wurden von den Ausreisenden angestrebt? Und wie verteilte sich die Auswanderung auf die Geschlechter? Diese und viele weitere Fragen lassen sich anhand der Obwaldner Pass- und Wanderbuchkontrolle untersuchen, in deren Rahmen die entsprechenden Angaben über Jahrzehnte systematisch erfasst wurden.

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Woher kommt die Armut? Der kantonale Armenbericht (1877-1891)

Geeignet für: Maturaarbeit, Seminararbeit

Voraussetzungen: gedruckte Frakturschrift

Was verursacht Armut und wie kann sie behoben werden? Diese Frage steht im Zentrum der Armenberichte, die der Obwaldner Armenverwalter zwischen 1877 und 1891 in unregelmässigen Abständen im Obwaldner Amtsblatt publizierte. In den Berichten geben die Gemeinden nicht nur Auskunft über die Kosten, die durch die Unterstützung Armer entstanden, sondern äussern sich auch über deren Ursachen, zu denen sie etwa uneheliche Beziehungen und Alkoholkonsum zählten. Der Armenbericht gibt daher in konzentrierter Form Einblick in zeitgenössische Vorstellungen von Armut.

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Vom Träger zum Bergführer: Lungerer "Herrenlotzer" und die Entwicklung des Alpentourismus im 19. Jahrhundert

Geeignet für: Seminararbeit, Masterarbeit

Voraussetzungen: Kurrentschrift

Mit dem aufkommenden Alpentourismus entstand in Lungern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein neuer Berufszweig: Die sogenannten "Herrenlotzer" trugen nun jeweils im Sommer Gepäck und Reisende über den Brünig und fungierten gleichzeitig als Reiseführer. Reisende aus ganz Europa und auch aus Übersee nahmen ihre Dienste in Anspruch und hinterliessen ihre Spuren in den "Empfehlungsbüchlein" der Herrenlotzer. Drei solche Empfehlungsbüchlein sind im Staatsarchiv überliefert. Sie geben Auskunft über die Kundschaft der Herrenlotzer und deren Reiserouten – und bieten gemeinsam mit den obrigkeitlichen Trägerverordnungen Einblick in die Entwicklung eines ausgestorbenen Berufs.

Literatur:

  • Mario Seger: Johann Britschgi – "Herrenlotzer" aus Lungern. In: Obwaldner Brattig 2016, Nr. 41, S. 58–64. Download unter: Seger_Britschgi_2015.pdf (ow.ch)

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Die Automobilkontrolle auf dem Brünig als Quelle der Verkehrsgeschichte (ca. 1912-1933)

Geeignet für: Seminararbeit, Masterarbeit

Voraussetzungen: Sütterlin

Mit der Verbreitung des Automobils in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts veränderte sich die Schweizer Verkehrslandschaft grundlegend. Verschiedene Kantone, darunter insbesondere Bergkantone, ergriffen in der Folge Massnahmen, um den Automobilverkehr zu beschränken. Im Kanton Obwalden wurde etwa eine Automobilkontrolle für die Brünigstrecke eingeführt: Alle Automobilisten, die über den Brünig fuhren, mussten unter dem entsprechenden Datum Name, Wohnort, Automarke und -nummer hinterlassen. Anhand der überlieferten Bände der Automobilkontrolle lässt sich daher der Automobilverkehr über den Brünig zwischen 1912 und 1933 systematisch untersuchen.

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Die Stockmann-Schwester und die Schule für Gemeindekrankenpflege (1903-ca. 1970)

Geeignet für: Seminararbeit, Masterarbeit

Bis ins 20. Jahrhundert hinein lag die Krankenpflege in der Schweiz grösstenteils in den Händen von Ordensschwestern. Um die Jahrhundertwende entstanden jedoch in verschiedenen Städten Pflegerinnenschulen für weltliches Personal. Auch ausserhalb der urbanen Zentren machte sich diese Entwicklung bemerkbar: Ab 1903 bot der Arzt Julian Stockmann mit Unterstützung seiner Frau Berta Durrer Kurse an, in denen den Teilnehmerinnen Grundlagen der häuslichen Kranken- und Säuglingspflege vermittelt wurden, um damit die Gesundheitsversorgung insbesondere der ärmeren Bevölkerung zu verbessern. Aus den Kursen entstand eine eigene Schule für Gemeindekrankenpflege, an der auch drei Töchter der Stockmanns – Dora, Marie-Theres und Edith Stockmann – zunächst als Lehrerinnen und später als Schulleiterinnen aktiv waren. Verschiedene Bestände im Staatsarchiv Obwalden bieten Einblick in die Entwicklung der Schule unter der Leitung der Stockmann-Schwestern und werfen damit ein doppeltes Schlaglicht auf die Ausbildung und Arbeit von Frauen im Gesundheitswesen.

Zentrale Quellen:

 

Kredite für Kleinbauern: Die Bauernhilfskasse Obwalden (1933-ca. 1963)

Geeignet für: Seminararbeit, Masterarbeit

Die 1933 ins Leben gerufene Bauernhilfskasse Obwalden war eine Stiftung mit dem Zweck, "notleidende Bauern" vorübergehend mit Krediten zu unterstützen. Finanziert wurde die Stiftung aus Mitteln des Bundes, des Kantons, der Kantonalbank und durch freiwillige Beiträge von landwirtschaftlichen Organisationen, Gemeinden und Korporationen. Die Falldossiers der Bauernhilfskasse beinhalten Anträge mit detaillierten Angaben zu den Besitz- und Vermögensverhältnissen der Gesuchsteller, Berichte der Armenverwaltung, Leumundszeugnisse, Korrespondenz und vieles mehr. Gemeinsam mit den Verwaltungsakten der Bauernhilfskasse bieten sie spannende Einblicke in die kleinbäuerliche Landwirtschaft in einem Moment der Krise.

Zentrale Quellen:

 

Der Film als Politikum: Filmzensur im Obwaldner Kino "Seefeld" (1947-1970er Jahre)

Geeignet für: Maturarbeit, Seminararbeit, Masterarbeit

Als das Kino Seefeld 1947 als erstes Kino in Obwalden eröffnet wurde, geschah dies nicht ohne Widerstand: Schon vor der Eröffnung des Kinos hatten kritische Stimmen im Gemeinderat darauf gepocht, dass in Obwalden nur "einwandfreie Filme" gezeigt werden sollten, die "unserer Religion, der Wahrung guter Sitten und der Heiligkeit der Ehe Rechnung tragen". Befürchtet wurde insbesondere ein schädlicher Einfluss des Kinos auf die Obwaldner Jugend. Eine eigens geschaffene Filmzensurkommission sollte das Programm des Kino Seefeld deshalb jeweils vorab prüfen und gegebenenfalls zensurieren.

Mithilfe des umfangreichen Archivs des Kinobetreibers und liberalen Politikers Josef Seiler, in dem u.a. auch ein Dossier zur Filmzensur mit herausgeschnittenen Filmszenen überliefert ist, kann untersucht werden, wie die Zensur das Kinoprogramm des Obwaldner Landkinos beeinflusste. Welche Inhalte waren von der Filmzensur betroffen? Welche Gründe wurden für die Zensurschnitte angeführt? Welche Akteur:innen und Gruppen beteiligten sich an der Diskussion um das Kinoprogramm? Und über welche Handlungsspielräume verfügten Kinobetreiber und Konsument:innen?

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